Kinder und Jugendliche erfahren sexualisierte Gewalt meistens durch Menschen, die ihnen bekannt und vertraut sind – also vor allem in der Familie oder der Pflegefamilie. Mit dem Ziel, Fachkräften aus den Jugendämtern unterschiedliche Perspektiven auf dieses komplexe Thema zu eröffnen, haben die Landesjugendämter bei den Landschaftsverbänden Westfalen-Lippe (LWL) und Rheinland (LVR) die 1. Jahrestagung „Gegen sexualisierte Gewalt!“ ausgerichtet. Vor rund 150 Teilnehmer:innen eröffneten NRW-Familienministerin Josefine Paul und LVR-Jugenddezernent Knut Dannat stellvertretend für die Landesjugendämter bei LVR und LWL im Essener Haus der Technik die Veranstaltung mit dem Titel „Familie – (k)ein sicherer Ort“.
„Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist ein abscheuliches Verbrechen. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt ist ein zentrales Anliegen der Landesregierung. Nordrhein-Westfalen ist bundesweit Vorreiter beim Kinderschutz. Mit dem Landeskinderschutzgesetz haben wir ein wichtiges Instrument, um den Kinderschutz und alle daran Beteiligten weiter zu stärken und arbeiten mit der Umsetzung und Weiterentwicklung des Handlungs- und Maßnahmenkonzepts kontinuierlich daran, Kinder und Jugendliche bestmöglich zu schützen“, so NRW-Familienministerin Josefine Paul. „Die Fachkräfte aus den Jugendämtern leisten dabei gerade, wenn es um Missbrauch durch das familiäre Umfeld geht, für Betroffene einen wichtigen Beitrag. Es ist ein starkes Signal, dass die Landesjugendämter dem Thema Prävention von sexualisierter Gewalt eine eigene Reihe von Jahrestagungen widmen. Gemeinsam werden wir den Kinderschutz in Nordrhein-Westfalen weiter verbessern.“
LWL-Jugenddezernentin Birgit Westers:: „Der Schutz von Kindern und Jugendlichen geht uns alle an und braucht starke Jugendämter. Insbesondere bei Fällen von sexualisierter Gewalt ist eine professionelle Prävention, Intervention und Nachsorge von besonderer Bedeutung. Umso wichtiger ist es, dass der Diskurs zu diesem Thema nicht ins Stocken gerät und diese Jahrestagung einen Beitrag dazu leistet, den Austausch voranzutreiben.“
Im Rahmen der Jahrestagung brachten auch Betroffene ihre Perspektive ein: Max Ciolek und Sonja Howard waren als Kinder von sexualisierter Gewalt im familiären Kontext betroffen und sind heute Mitglieder im Betroffenenrat bei der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. Sie vermittelten den Tagungsteilnehmer:innen, wie wichtig es ist, die betroffenen Kinder im Blick zu halten. In weiteren Workshops standen unter anderem die Familiendynamiken im Kontext der Aufdeckung von Missbrauchsfällen, Mütter als Täterinnen, sexualisierte Gewalt in Geschwisterbeziehungen oder die Prävention durch Vorbilder und Modelle im Fokus.
Anhaltspunkte für sexualisierte Gewalt sind für die Fachkräfte im Jugendamt wegen der besonderen Dynamik, der Komplexität und der häufig nicht eindeutigen Hinweise eine besondere Herausforderung. Gesa Bertels (LWL) und Maria Große Perdekamp (LVR) von der Fachberatung Prävention, Intervention und Nachsorge bei sexualisierter Gewalt gaben in ihrem Workshop fachliche Orientierung für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Kontext sexualisierter Gewalt.
Im Jahr 2020 hat das Land NRW mit LVR und LWL vereinbart, die Fachberatungsangebote für die 186 Jugendämter in Nordrhein-Westfalen im Bereich der Prävention und Intervention bei sexualisierter Gewalt bei den beiden Landesjugendämtern auszubauen. Damit ergänzen sie die Angebote der Landesfachstelle „Prävention sexualisierte Gewalt“, die sich vor allem an die Landschaft der freien Träger in Nordrhein-Westfalen richtet. Das Land finanziert dort seitdem insgesamt vier zusätzliche Stellen in diesem Bereich bis zunächst Mitte 2024. Diese sind in der jeweiligen Fachberatung Prävention, Intervention und Nachsorge bei sexualisierter Gewalt bei LVR und LWL angesiedelt.
Textquelle: Landschaftsverband Westfalen-Lippe
Fotoquelle: Landschaftsverband Westfalen-Lippe / Gleis / LVR-Jugenddezernent Knut Dannat (v.l.), Kerstin Claus, unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, NRW-Kinder-und Jugendministerin Josefine Paul und LWL-Jugenddezernentin Birgit Westers setzen sich für den Kinderschutz ein.