„Ich bin inzwischen nicht mehr so nervös wie noch im Juni. Die Situation hat sich inzwischen ein wenig beruhigt“, erklärt Meinolf Haase zu Beginn seines Vortrags. Haase wurde von Bürgermeister Thomas Katzer in die Ratssitzung eingeladen, um über das Thema „Krisenfall Blackout“ zu sprechen. In seinem Beitrag berichtet Haase dabei von den Vorbereitungen des Kreises Lippe für den Ernstfall.

Im Juni habe Landrat Dr. Axel Lehmann eine Arbeitsgruppe einberufen, welche sich mit einem möglichen Blackout und der kritischen Infrastruktur beschäftigen soll. Nachdem zuerst lediglich vier Personen an diesen Treffen teilgenommen haben, sind mittlerweile 18 Leute beteiligt. „Wir treffen uns regelmäßig alle 14 Tage“, so Haase. Die Arbeitsgruppe beschäftige sich dabei um viele verschiedenen Szenarien. Als aktuelles Beispiel nannte Meinolf Haase die Störungen im Mobilfunknetz, welche am Tag der Ratssitzung auch den Notruf betroffen haben. „So etwas ist natürlich immer möglich.“

Als Ergebnis der Arbeitsgruppe wurden, wie DIE AUGUSTDORFER NACHRICHTEN berichtet haben, Leuchttürme in den einzelnen Kommunen errichtet. Diese sollen, ähnlich wie echte Leuchttürme den Bürgerinnen und Bürgern eine Orientierung bieten. Sie sind im Ernstfall die Anlaufstelle, wenn Mobilfunkt und Festnetz nicht funktionieren. „Augustdorf ist schon gut vorbereitet“, attestiert der Leiter des Bevölkerungsschutzes in Lippe. Er sei „sehr zufrieden“ mit der Arbeit der Gemeinde Augustdorf, erklärt Haase den Ratsmitgliedern. Die angeschlossene Rettungswache sei für den Krisenfall optimal. Auch die Polizei würde dann vor Ort sein.

Grundlage für die Planungen ist ein Szenario, in dem 72 Stunden lang der Strom ausfällt. „Einige von ihnen werden sich noch an den Stromausfall 2005 im Münsterland erinnern“, so Haase. Dieses Ereignis habe für die Planungen wichtige Erkenntnisse geliefert. So setzten sich damals viele Bürgerinnen und Bürger in Ihre Autos um das Radio anzuschalten, als sie die Sirenen hörten. „Aus diesem Grund ist es wichtig, dass alle die unterschiedlichen Sirenentöne kennen“, findet Haase, der die Unterschiede in seiner Grundschulzeit beigebracht bekommen hat.

Ein Hauptproblem bei einem langanhaltenden Stromausfall sein insbesondere die Kommunikation. Der Kreis Lippe habe sein Funknetz auf Digitalfunk umgestellt. „Allerdings verfügen nicht alle Sendemasten über eine Notstromversorgung“, so Haase. Aus diesem Grund baut der Kreis Lippe aktuell ein Satellitennetz auf. Die Beschaffung von Satellitentelefonen gestaltet sich hierbei allerdings schwierig: „Wir haben die Satellitentelefone im März bestellt und noch heute ist die Lieferzeit ungewiss.“ Aus diesem Grund wurden auch zwei Motorräder beschafft, welche im Ernstfall als Botenfahrzeuge dienen sollen.

Ein wichtiges Thema war auch die Notstromversorgung. Insbesondere die neueren Rettungswachen verfügen nicht mehr über entsprechende Aggregate. Hier werde allerdings das THW aushelfen, erklärt der Leiter des Bevölkerungsschutzes. „Unruhig“ macht ihn allerdings die Lage der Personen, die in den eigenen vier Wänden auf eine Beatmung angewiesen sind. „Wir wissen nicht, wo diese Personen wohnen“, so Haase. Aus diesem Grund ist eine Sache aus seiner Sicht entscheidend: Selbstvorsorge. So sollten die Personen über ausreichend Reserveakkus verfügen. Auch kritisiert Haase, dass das Land NRW in Alten- und Pflegeheimen keine Notstromversorgung vorgeschrieben hat.

Aktuell klärt der Kreis Lippe, wie eine ärztliche Versorgung durch niedergelassene Ärzte im Krisenfall ablaufen soll. „Hier überlegen wir auch, ob niedergelassene Ärzte mit in den Leuchttürmen untergebracht werden“, erläutert Meinolf Haase die aktuellen Ideen. Auch werde untersucht, wie die Versorgung mit Arzneimitteln durchgeführt werden kann.

Bei all den Vorbereitungen des Kreises Lippe ist eine ausreichende Selbsthilfefähigkeit entscheidend, findet Haase. „Das ist auch kein Hexenwerk“, erklärt er den Ratsmitgliedern. Die Bürgerinnen und Bürger sollten deswegen auch Reserven anlegen. „Früher hätten wir mit dem ganzen Eingemachten alleine ein halbes Jahr durchhalten können“, schmunzelt Haase. Heute fehle es allerdings oftmals an Lebensmittelreserven. Hilfreiche Informationen zu dem Thema sowie Handreichungen können unter http://www.lippeschutz.de/ oder https://www.bbk.bund.de abgerufen werden. Auch die Warnapps Nina und Katwarn empfiehlt der Experte. Das Deutsche Rote Kreuz in Lippe wird noch vor Weihnachten Selbsthilfe-Workshops anbieten.

„Natürlich gibt es immer Sand im Getriebe“, räumt der Leiter des lippischen Bevölkerungsschutzes ein. Allerdings bemühe sich der Kreis Lippe, alle Lücken zu schließen. So wurden und werden Tankstellen mit Notstromaggregaten ausgestattet, um auch im Katastrophenfall das Betanken von Fahrzeugen des Rettungsdienstes, Polizei und Feuerwehr gewährleisten zu können.

An der Arbeitsgruppe des Kreises Lippe nimmt auch ein Vertreter der Bundeswehr teil. Hierdurch soll auch eine Unterstützung der Bundeswehr im Ernstfall ermöglicht werden. „Allerdings ist immer ein Hilfeleistungsantrag notwendig“, erklärt Haase. Bereits in der kommenden Woche soll Landrat Dr. Axel Lehmann ein Konzept zur Krisenvorsorge erhalten.

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