Es ist Winter, draußen sind die Temperaturen unter den Gefrierpunkt gesunken. Die Strom- und Gasversorgung in Augustdorf sind unterbrochen. Auch in den kommenden Stunden oder sogar Tagen ist eine Versorgung unwahrscheinlich. Durch den fehlenden Strom steht kein fließendes Wasser zur Verfügung. Die Bürgerinnen und Bürger in Augustdorf sitzen in Ihren Wohnungen und warten ab. Auf dieses, gleichwohl unwahrscheinliche, Szenario bereiten sich der Kreis Lippe und die Gemeinde Augustdorf vor.

Bereits Mitte September hat der Kreis Lippe die Arbeitsergebnisse der Arbeitsgemeinschaft „Kritische Infrastruktur“ (AG KRITIS) vorgestellt. DIE AUGUSTDORFER NACHRICHTEN berichteten. Landrat Dr. Axel Lehmann sagte damals: „Wir spielen ein Szenario durch, das eintreten kann, aber nicht muss. Mit Blick auf den Winter sind die Gasspeicher laut Aussage der Bundesregierung gut gefüllt. Dennoch wollen wir als Kreis, Polizei und Kommunen bestmöglich vorbereitet sein und kreisweit einheitlich vorgehen, sollte es tatsächlich zu einer Störung der Gasversorgung kommen. Wir wollen die Bevölkerung für das Thema sensibilisieren, aber für Panik besteht kein Grund.“

Was ist ein Blackout?

Bei der Betrachtung von möglichen Szenarien ist es wichtig, zwischen Stromausfällen und einem Blackout zu unterscheiden. Hierzu äußerte sich im Oktober Prof. Dr. Ingo Stadler von der Technischen Hochschule Köln: „Stromausfälle wie wir sie hierzulande bisher kennen sind in der Regel lokal begrenzte Ereignisse.“ Diese können zum Beispiel auftreten, wenn ein Bagger bei Bauarbeiten ein Stromkabel durchtrennt. Eine Definition, was unter einem Blackout zu verstehen ist, existiert nicht. „Allgemein kann man aber sagen, dass damit ein flächendeckender und langanhaltender Stromausfall gemeint ist“, weiß Prof. Dr. Stadler.[1]

Eine Gefahr für einen Blackout besteht hierbei grundsätzlich immer und damit auch in der aktuellen Situation. „Unsere Erfahrung zeigt aber, dass wir die Situation in Europa bislang sehr gut im Griff hatten“, erklärt Prof. Dr. Stadler. In der Vergangenheit seien insbesondere Erdgaskraftwerke in solchen Fällen zum Einsatz gekommen, weil diese schnell Einsatzbereit sind. „Kernkraftwerke dagegen sind weniger geeignet“, meint der Experte.[2]

Wie wahrscheinlich ist ein Blackout?

„Ein Blackout, also ein langanhaltender und großflächiger Stromausfall, ist äußerst unwahrscheinlich“, erklärt Fiete Wulff, Pressesprecher der Bundesnetzagentur. Auch krisenhafte Situationen im Stromsystem, welche nur stundenweise auftreten, sind nach der Einschätzung der Experten der Bundesnetzagentur sehr unwahrscheinlich.[3] Diese Meinung wird auch von Prof. Dominik Möst von der Technischen Universität Dresden vertreten: „Die Wahrscheinlichkeit für einen großen Blackout ist weiter sehr gering“, erklärte dieser gegenüber dem ZDF.[4]

Ein redundantes Stromversorgungssystem und mehreren Sicherheitsmechanismen sollen einen völligen Zusammenbruch verhindern. „Wir haben in Deutschland eines der zuverlässigsten Stromversorgungssysteme weltweit“, erklärt Wulff. Die geringe Dauer von jährlichen Stromausfällen sei hierfür ein gutes Beispiel.[5]

Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz wurde ein Stresstest unter verschärften äußeren Bedingungen durchgeführt. Das Ergebnis: „Eine stundenweise krisenhafte Situation im Stromsystem im Winter 2022/23 ist zwar sehr unwahrscheinlich, kann aktuell aber nicht vollständig ausgeschlossen werden.“[6]

Notfallplan für Augustdorf existiert

Auch wenn das Eintreten eines solchen Szenarios demnach sehr unwahrscheinlich ist, bereitet sich Augustdorf darauf vor: „Es existiert ein Notfallplan für einen möglichen Ausfall von der Strom- und Gasversorgung“, erklärt Bürgermeister Thomas Katzer auf Nachfrage durch DIE AUGUSTDORFER NACHRICHTEN. Hierbei erfolgt die Koordination durch den Kreis Lippe. Ein wichtiger Punkt in dem Konzept ist die Aufrechterhaltung der Kommunikation. Bei einem länger andauernden Stromausfall würde auch das Telefonnetz nicht funktionieren.

Für diesen Zweck wird ein „Leuchtturm“ im Feuerwehrgerätehaus eingerichtet, erklärt Bürgermeister Katzer. Der „Leuchtturm“ soll dabei als Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger dienen. „Die Gemeinde Augustdorf hat ein Notstromaggregat erworben und ist zurzeit dabei, die technischen Voraussetzungen für einen Betrieb dieser Anlage zu schaffen. Ein Kraftstoffvorrat ist sichergestellt“, berichtet Katzer über die Vorbereitungen.

24-Stunden-Betrieb im Feuerwehrgerätehaus

Sofern der Strom tatsächlich längerfristig ausfallen sollte, wird das Feuerwehrgerätehaus somit in eine Art Lage- und Kommunikationszentrum umgewandelt, in dem auch Teile der Gemeindeverwaltung untergebracht werden. „Es erfolgt ein 24-Stunden-Betrieb mit zwei Schichten“, sagt der Bürgermeister. Die Verwaltungsspitze und somit auch der Stab für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) werden im Feuerwehrgerätehaus untergebracht. Neben dem Bürgermeister werden auch Mitarbeiter der IT-Abteilung, des Ordnungsamtes, der Gemeindewerke, aus dem Bereich Elektrik und des Winterdienstes Teil des Teams. Weiterhin wird auch die Wehrführung vor Ort sein. „Zusätzlich können auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes angefordert werden“, so Katzer.

Die Kommunikation zu den notwendigen Leitstellen im Kreis Lippe soll über die digitalen Funkgeräte der Feuerwehr aufrechterhalten werden. Wenn auch dies nicht ausreicht, erfolgt die Kommunikation über motorisierte Melder.

Nachbarschaftshilfe und Informationen

Sofern ein Strom- und Gasmangel auftreten würde, kann es auch in den Wohnungen schnell kalt werden. „Zentrale Aufwärmstationen sind nicht vorgesehen“, erklärt der Bürgermeister. „Hier wird auf die Nachbarschaftshilfe gesetzt. Sehr viele Bürgerinnen und Bürger verfügen über einen mit Holz betriebenen Ofen. Hier ist die Nachbarschaftshilfe gefordert“, so Katzer.

Auf der Internetseite der Gemeinde Augustdorf sind zudem auch schon seit einigen Tagen Informationen für die Bürgerinnen und Bürger veröffentlicht worden. „Es werden unterschiedliche Kommunikationswege genutzt“, sagt Bürgermeister Katzer. Neben der Internetseite kommt es im Ernstfall auch zu weiteren Maßnahmen: „Im Extremfall werden vorbereitete Aushänge am Rathaus sowie Durchsagen der Feuerwehr im Gemeindegebiet mittels Lautsprechern die Bürgerinnen und Bürger laufend informieren.“


[1] Stadler, I. (2022): Wie wahrscheinlich ist ein Blackout in Deutschland?. URL: https://www.th-koeln.de/hochschule/wie-wahrscheinlich-ist-ein-blackout-in-deutschland_98125.php (Abruf: 28.10.2022)

[2] Stadtler, I. (2022): a. a. O.

[3] Bundesregierung (2022a): „Wir haben eines der zuverlässigsten Stromversorgungssysteme weltweit“. URL: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/risiko-blackout-interview-bundesnetzagentur-2131802 (Abruf: 28.10.2022)

[4] Wagner, L. (2022): Wie wahrscheinlich sind Blackouts wirklich?. URL: https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/blackout-stromausfall-energieversorgung-probleme-deutschland-100.html (Abruf: 28.10.2022)

[5] Bundesregierung (2022a): a. a. O.

[6] Bundesregierung (2022b): Stromausfall – eine Risikoanalyse. URL: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/stromausfall-blackout-2129818 (Abruf: 28.10.2022)

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