Wie die AUGUSTDORFER NACHRICHTEN exklusiv erfahren haben, gibt es Bestrebungen, dass die rechtsesoterische Bewegung „Anastasia“ in Augustdorf Fuß fasst. Mindestens fünf Familien sollen in Augustdorf der Bewegung zuzurechnen sein.

Was ist Anastasia, und was sind die Ziele?

Die um 1997 gegründete Bewegung basiert auf der Romanreihe „Anastasia“ von Wladimir Megre mit rassistischen und antisemitischen Inhalten. Der zentrale Bestandteil der Anastasia-Bewegung ist die völkische Ideologie und die Verachtung der Demokratie.
Nach Meinung von Rechtsextremismus-Expertin Anna Weers von der Amadeu-Antonio-Stiftung ist die Anastasia-Bewegung gefährlich: „Viele Akteure haben bereits eine rechtsextreme Vergangenheit und sind dort gut vernetzt. Andersdenkende werden bedroht.“ Die Anastasia-Anhänger richteten sich gegen alles, was die moderne Welt ausmache – Menschenrechte, Gleichberechtigung, Anerkennung einer diversen Gesellschaft.
Die Ansiedlung läuft dabei immer gleich, sagt der Präventionsbeauftragte des Kreises Lippe, Sascha Schmittutz: „Sie versuchen in einem Dorf viel Land zu kaufen und infiltrieren auf lange Sicht eine Dorfgemeinschaft.“

Hat Anastasia Kontakte in die rechte Szene?

Ja. „Personelle und strukturelle Überschneidungen zu anderen rechtsradikalen Milieus, zum Beispiel zu den Identitären oder auch dem sogenannten Reichsbürgermilieu, sind keine Überraschung. Denn sie alle predigen den Ausstieg aus der liberalen Demokratie. Sie gehen von einem dekadenten Niedergang der liberalen Gesellschaft aus und wollen eine Neuerschaffung einer angeblich besseren Ordnung vorantreiben – die nach ethnischen, völkischen und nach rassistischen Kriterien strukturiert ist“, erklärt Rechtextremismus-Experte Matthias Quent.

„Die Strategie ist, durch Einsickern, durch Normalisierung auch bisher unauffällige Bürger von rechtsradikalen und völkischen Ideen zu überzeugen. Bis hin, dass man versucht, sie für eine Dorfwehr zu mobilisieren, also Parallelstrukturen und parastaatliche Strukturen aufzubauen. Diese sollen zum einen als Protestbewegungen gegen die offizielle Politik fungieren, aber zum anderen auch Rückfallstellungen sein. Sie sollen eigene Strukturen bilden, aus denen heraus dann, […] auch organisierte Angriffe auf die politische Ordnung stattfinden können. Das ist erklärte Strategie, das ist eine Gefahr“, so Rechtsextremismus-Experte Quent.

Diese Strategie trage sich bis hinein in die AfD. Björn Höcke schreibe, er träume von entsprechenden Dorfgemeinschaften in Ostdeutschland, die eines Tages zu Ausfallstellungen werden sollen, um die moderne Demokratie anzugreifen und abzuschaffen. „Es gibt große Berührungspunkte von diesen völkischen, zum Teil rechtsesoterischen Bewegungen und Sekten bis hinein in die radikale und populistische Rechte in Deutschland“, so Quent.

Lippische Landeskirche in Sorge

Die Lippische Landeskirche beobachtet mit Sorge, dass die antisemitische und völkische „Anastasia-Bewegung“ Versuche unternimmt, Liegenschaften zu erwerben. Sie bittet ihre Kirchengemeinden bei entsprechenden Anfragen zu Land- oder Gebäudeverkäufen besonders sorgfältig zu prüfen, ob die Interessenten mit Anastasia in Verbindung zu bringen sind. Auch im lippischen Dörentrup gibt es mit der „Rawaule“ bereits eine Gemeinschaft, die sich in Teilen der Anastasia-Bewegung zurechnet.
InfoSekta, eine schweizerische Fachstelle für Sektenfragen, stuft die Bewegung als problematisch ein. Sie besitze eine stark nationalistische, verschwörungstheoretische und rechtsesoterische Ausrichtung. Zahlreiche ihrer zentralen Protagonisten verträten Verschwörungstheorien und verkehrten in rechtsnationalistischen Kreisen. Kritisiert wird zudem der dezidierte Antisemitismus in den Verschwörungstheorien Megres. Der steirische ESO-Jahresbericht 2015 beschreibt, wie sich rechtsextreme und nationalistische Kräfte, die ihre Ansichten „esoterisch verbrämt verbreiten“, unter den eher linksliberalen Mainstream der Szene mischen, und kritisiert das rege kommerzielle Geschäft, das sich rund um den Kult entwickelt habe.
Hintergrund ist, dass die rechtsesoterische Bewegung bereits an mehreren Orten in Deutschland, etwa in Brandenburg, Bayern und Niedersachsen, Land aufgekauft und ökologische Selbstversorger-Landsitze gegründet hat.
Bürgermeister Thomas Katzer zeigte sich von den Recherchen der AUGUSTDORFER NACHRICHTEN überrascht: „Von der Bewegung „Anastasia‘ habe ich in der Vergangenheit gehört. Neu für mich ist, dass es Bestrebungen geben soll, dass diese Bewegung in Augustdorf angeblich Fuß fassen will.
Ich bin davon überzeugt, dass die verantwortungsbewussten Augustdorfer Bürgerinnen und Bürger eine lebendige Demokratie darstellen. Wir gehen aufeinander zu, hören auf Argumente und zeigen Vernunft. Extremismus, Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung haben hier keine Chance.
Mein Ziel ist es, allen Bürgerinnen und Bürgern unabhängig von ihrer Religion, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Herkunft oder ihrer politischen Einstellung ein friedvolles Leben in freiheitlichen, demokratischen Strukturen zu ermöglichen“, erklärte dieser.

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