Vor rund zwei Jahren beginnt für Ferhat Bayman ein neuer Lebensabschnitt. Beim Fallschirmjägerregiment 31 in Seedorf tritt der damals 25-Jährige als Zeitsoldat seinen Dienst an. Bayman wird zum Infanterie-Soldaten ausgebildet, lernt sich aus Hubschraubern abzuseilen. Zum krönenden Sprung aus einer Transportmaschine kommt es nicht mehr.
Der dreifache Familienvater stellt einen Versetzungsantrag nach Augustdorf. Heute kümmert sich der leidenschaftliche Landesliga-Fußballer in der Versorgungsgruppe der Stabsfernmeldekompanie der Panzerbrigade 21 um den Nachschub. Wie viele seiner Kameradinnen und Kameraden hilft Ferhat Bayman im Lemgoer Gesundheitsamt bei der Bewältigung der Corona-Pandemie. An sechs Tagen pro Woche ermittelt der Herforder am Telefon Kontaktpersonen von Bürgern, die sich mit dem CoViD19-Virus infiziert haben.
Am Maifeiertag ist Hauptgefreiter Bayman auf der Ostwestfalenstraße in der Nähe der Ortschaft Retzen mit seinem Auto auf dem Heimweg. Ein Motorradfahrer verliert beim Überholen die Kontrolle über seine Maschine und kollidiert mit dem Wagen einer Hyundai-Fahrerin. „Ich sah den Motorradfahrer meterhoch durch die Luft fliegen“, erinnert sich der Soldat. Nach einer Vollbremsung beruhigt Bayman zunächst die 38-jährige Fahrerin des Unfallwagens und eilt dann dem schwerverletzten Motorradfahrer zur Hilfe. „Der Mann lag im Straßengraben, ich habe zunächst nur einen Stiefel von ihm gesehen“, beschreibt der gebürtige Friedrichshafener, der vor elf Jahren nach Ostwestfalen umzog, die Situation. Bayman kontrolliert die Vitalfunktionen des Unfallfahrers, spricht beruhigend auf den Motorradfahrer ein.
Mit Sanitätsmaterial aus seinem Verbandkasten versucht der Zeitsoldat die Blutungen an der linken Körperseite zu stillen. Kurzentschlossen wird auch die Uniformjacke zum Verbandszeug. Mittlerweile hat der ausgebildete Rettungsschwimmer den Motoradfahrer aus dem Straßengraben befreit und betreut den 44 Jahre alten Biker bis zum Eintreffen der Rettungskräfte. „Eine ältere Dame hatte in der Zwischenzeit den Notruf abgesetzt“, berichtet Bayman. Wenig später trifft der Notarzt und die Polizei am Unfallort ein. Die Polizeibeamten loben den abgekämpften Soldaten für seinen Einsatz und schicken ihn nach Hause.
Am kommenden Montag soll sich der Herforder auf dem Polizeirevier für eine Aussage melden. „Mir ist erst im Auto aufgefallen, wie ich überhaupt aussehe.“ An einer Tankstelle wäscht er sich das Blut von den Händen und aus dem Gesicht. Nach kurzer Fahrt steht Ferhat Bayman unter dem Carport seines Hauses. Ohne Uniformjacke, verschwitzt und abgekämpft. Um seinen Kindern den Anblick zu ersparen, ruft Hauptgefreiter Bayman seine Frau an, erklärt die Situation und stellt sich im Keller unter die Dusche. Danach erzählt er von seinen Erlebnissen auf der Ostwestfalenstraße. „Das Gespräch mit meiner Frau ähnelte einer Zeugenbefragung durch die Polizei“, lächelt der dreifache Familienvater. An Schlaf ist an diesem Samstagabend nicht zu denken. Nach seiner Aussage bei der Polizei tritt Bayman am Montag wieder im Gesundheitsamt in Lemgo an. (mw)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner