Nicht nur wir Menschen sehnen uns nach einem langen Winter wieder nach Sonne und Wärme – auch die Schmetterlinge werden vom Frühling geweckt und erwachen aus der Winterstarre.
„Bei uns sind es vor allem der “Kleine Fuchs” und das “Tagpfauenauge”, die jetzt an den Dachboden-oder Dachlukenfenstern oder auch manchmal an den Kellerfenstern hängen und ins Freie wollen.“ Das berichtet Ewald Thies vom Nabu Lippe gegenüber den AUGUSTDORFER NACHRICHTEN.
Im Gegensatz zu ihren Verwandten “Admiral” und “Distelfalter” fliegen sie im Herbst nicht in den warmen Süden, sondern überwintern hierzulande. Sie suchen im Herbst nach einer geschützten Stelle und gelangen so in Dachgeschosse und Kellerräume. Im Frühling streben die Tiere dann zum Licht, finden meist aber nicht mehr hinaus. Der Unterschlupf wird ihnen so zur Todesfalle. Verhilft man ihnen nicht ins Freie, verhungern oder vertrocknen die Falter am Vorhang oder auf dem Fenstersims. „Das wäre nicht nur schade um diese Edelsteine unter den Insekten, sondern auch ein Verlust für Garten und Natur. Denn dann finden wir sie nicht einmal mehr am Sommerflieder, dem Hauptnahrungsstrauch unserer Edelfalter“, so Thies.
Ein Grund dafür sei, dass bei der Modernisierung von Häusern bislang insgesamt nur noch wenig auf Tierarten Rücksicht genommen werde, die auf Dachböden überwintern. Schon mit winzigen Luken kann man überwinternden Arten helfen.
Meist hängen an den Fenstern, Vorhängen oder Gardinen außer Schmetterlingen auch noch grünliche oder bräunliche, etwa 1,5 cm lange, schlanke Insekten mit zarten Flügeln. Dabei handelt es sich um die sehr nützliche Florfliege. Im Garten sind diese zarten Tiere sehr wichtige Helfer bei der Schädlingsbekämpfung, weil die Larven der Florfliegen massenhaft Blattläuse fressen. Wenn wir also dabei  sind, die Schmetterlinge freizulassen, sollten wir dabei auch gleich alle Florfliegen freilassen. Für alle, die ein Herz für die Natur haben, lohnt es sich in diesen Tagen also, einmal die Fenster des Dachbodens, ihres Kellers oder Schuppens zu kontrollieren.
Denn es ist unbestreitbar: Der Bestand von überwinternden Schmetterlingen ist stark rückläufig.
Und nicht nur das: Der Artenrückgang geht quer durch die Bank, selbst viele bislang ungefährdete Falterarten wie das Tagpfauenauge, der Kleine Fuchs oder der Kohlweißling sind im Bestand merkbar rückläufig.“
Hans Dudler, Insektenkundler beim NABU Leopoldshöhe, bringt es auf den Punkt: „Wir müssen leider einen steten Schwund der Schmetterlinge beklagen, und was die Situation – nicht nur – spezialisierter Falter betrifft – sie sterben trotz Naturschutz aus“.
Zudem hat sich die Zusammensetzung der Schmetterlingsarten verändert. Lebte früher eine vielfältige Schmetterlingsgemeinschaft in der Region, dominieren nun nur noch wenige Habitat-Generalisten. Verschwunden sind viele Habitat-Spezialisten, die bestimmte Raupenfutterpflanzen und Lebensraumstrukturen zum Überleben benötigen. Dasselbe Schicksal erleiden die sogenannten „Allerweltsarten“, die mittlerweile ebenfalls massiv gefährdet sind.
Als Gründe für den Rückgang dieser „Generalisten“ sind die Verinselung von Lebensräumen sowie die Intensivierung der Landwirtschaft anzusehen.   Haben die Tiere – aufgrund von Verinselung, der Zerteilung ursprünglich geschlossener Lebensräume in mehrere Untereinheiten – nicht mehr die Möglichkeit diese genetische Vielfalt durch Austausch aufrecht zu erhalten, wird ihnen absehbar die Anpassungsfähigkeit an veränderte Umweltbedingungen fehlen.
„Für den praktischen Naturschutz heißt dies, dass es zukünftig nicht mehr ausreichen wird, kleine, isolierte Schutzgebiete zu erhalten – diese sind zwar ein Gewinn für spezialisierte Arten mit einfacher genetischer Struktur; die Masse an Arten, die auf einen Austausch zwischen lokalen Populationen angewiesen ist, werden wir so mittel- oder langfristig aber verlieren“, so Dudler.
Dies führt letztlich zu einem weiteren Rückgang von zahlreichen Insektenarten – mit dramatischen Auswirkungen auf ganze Nahrungsnetze und Ökosysteme.
Der NABU Leopoldshöhe wäre allerdings schon froh darüber, wenn im Gemeindegebiet kleine Wiesenbereiche, schwierig bewirtschaftbare Ackerrandflächen oder artenarme Waldränder naturnah umgestaltet und somit mehr als bisher dem Natur – und Artenschutz dienen könnten.

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