In der gestrigen Ratssitzung ist Gottfried Dennebier als erster Stellvertreter und Katrin Freiberger als zweite Stellvertreterin des Bürgermeisters gewählt worden. Was eigentlich eine Formalie hätte sein können, entwickelte sich jedoch im Laufe der Sitzung zu einem Krimi, der wohl mit dem gestrigen Abend noch nicht seinen Abschluss gefunden hat.

Bürgermeister Thomas Katzer (rechts) gratuliert seinen Stellvertretern Gottfried Dennebier und Katrin Freiberger. Foto: Wolff

Schon die erste Wahl der beiden Stellvertreter lief nicht reibungslos ab (die AN berichteten) – die Stimmen wurden öffentlich und nicht, wie gefordert, geheim ausgezählt. Damals stimmten alle einstimmig für die beiden. In der gestrigen Ratssitzung stand die Wahl der beiden als einziger Punkt auf der Tagesordnung. Wahlurne und -kabine waren bereitgestellt. Über beide Kandidaten sollte gleichzeitig abgestimmt werden. Was dann kam, wurden von vielen Ratsmitgliedern mit fassungslosem Gelächter und Kommentaren wie: „So etwas habe ich in meiner ganzen Ratstätigkeit noch nicht erlebt“ quittiert. „Das Wahlergebnis kann zweifelsohne als Affront gegen einen oder beide Kandidaten gewertet werden“, hieß es später, denn drei der 23 abgegebenen Stimmen sprachen sich gegen die Stellvertreter aus, einer enthielt sich und 19 stimmten dafür.
Da die Stellvertreter beim ersten Wahlgang aber nur einstimmig gewählt werden können, musste ein zweiter Wahlgang durchgeführt werden. Vorher beriet sich Bürgermeister Thomas Katzer mit den Fraktionsvorsitzenden, wie dieser durchzuführen sei. „Der Städte- und Gemeindebund hat erklärt, dass wir im zweiten Wahlgang wieder über die beiden Kandidaten gleichzeitig abstimmen können, dann reicht die einfache Mehrheit“, erklärte der ständige allgemeine Stellvertreter des Bürgermeisters, Patrick Herrmann. Er selbst hatte im Vorfeld der Ratssitzung mit dem Städte- und Gemeindebund über das Vorgehen eines eventuellen zweiten Wahlganges gesprochen und sich diesen „absegnen“ lassen.
Und wer geglaubt hatte, es könnte nicht skurriler kommen, wurde im zweiten Wahlgang eines besseren belehrt. Denn nun stimmten fünf Ratsmitglieder gegen die Stellvertreter, einer enthielt sich und 17 stimmten für die beiden. Viele schüttelten bei der Bekanntgabe nur den Kopf. „Das ist hier wie in Schilda“, entfuhr es einem Ratsmitglied – Geschlossenheit sieht jedenfalls anders aus. Mehrere Ratsmitglieder kündigten gegenüber der Redaktion noch am Abend an, den Städte- und Gemeindebund zu kontaktieren, um sicherzugehen, dass diese Wahl rechtens gewesen ist.


Stimmen zur Wahl


„Ich habe bisher drei dieser Wahlen miterlebt, mit so einem Ergebnis habe ich nicht gerechnet. Die Frage, wer mit „Nein“ gestimmt hat, kann ich nicht beantworten. Mutmaßungen helfen an dieser Stelle auch nicht weiter“, erklärte SPD-Fraktionschef Daniel Klöpper noch am Abend.
Aus seiner Sicht sei es den beiden Kandidaten nicht fair gegenüber, ebenso wenig dem Bürgermeister und der Verwaltung. „Bei der öffentlichen Sitzung war die Abstimmung noch einstimmig, ich hatte bis heute Abend auch das Gefühl, dass alle Ratsmitglieder mit diesem Vorschlag einverstanden sind“, erklärte Daniel Klöpper gegenüber den AUGUSTDORFER NACHRICHTEN im Anschluss.
Aus seiner Sicht ist die Wahl der stellvertretenden Bürgermeister „äußerst ungeeignet“ um mit einem „Nein“ seinen Protest oder sein Missfallen gegen andere Personen oder Parteien zu äußern. „Es gehört sich in dem Fall, dass man sich enthält. Es geht hier um die Repräsentation von Augustdorf, um das Ansehen unseres Ortes. Wer dann bei einem gemeinsamen Vorschlag, der bei allen Parteien Zuspruch gefunden hat, ausschert – der sollte sich überlegen, ob er mit seiner Entscheidung letztendlich nicht Augustdorf und seinen Einwohnern geschadet hat“, unterstreicht der SPD-Fraktionschef.


CDU-Fraktionschef Lutz Müller betont, dass zunächst festzuhalten sei, „dass jedes Ratsmitglied in seiner Entscheidung völlig frei ist. An diesem Grundsatz gibt es aus meiner Sicht auch keinen Zweifel.“ Dennoch ist es aus seiner Sicht „rational kaum verständlich, wie sich das Wahlverhalten in den verschiedenen Wahlgängen geändert hat.“ In der konstituierenden Ratssitzung seien die stellvertretenden Bürgermeister offen und auch einstimmig in ihre Ämter gewählt worden.
„In der ersten heutigen Abstimmung im Rahmen einer geheimen Wahl hatten sich drei Mitglieder gegen den Listenvorschlag von CDU und SPD entschieden. Das ist unter Umständen noch nachvollziehbar. In einer offenen Abstimmung mag man eventuell nicht (eben öffentlich) deutlich machen, wofür man als Ratsmitglied steht“, so Müller.
„Absolut unverständlich ist es mir aber, dass sich die Meinung von Ratsmitgliedern innerhalb von nur 15 Minuten so verändert, das sie völlig kontrovers abstimmen. Warum Ratsmitglieder urplötzlich so entschieden haben, dass kann ich weder verstehen noch bewerten.“
Der CDU-Fraktionschef findet es sehr bedauerlich, dass man mit Katrin Freiberger und Gottfried Dennebier so umgegangen sei.
„Ich hatte das Amt eines stellvertretenden Bürgermeisters 16 Jahre lang ausgeübt und es ist schon eine hohe zeitliche Belastung damit verbunden. Ich habe es dennoch sehr gerne ausgeübt. Und wenn nun Ratsmitglieder sich bereit erklären, dieses Amt zu bekleiden und sich für die Gemeinde und deren Bevölkerung ehrenamtlich einzubringen, dann hatte ich die Erwartungshaltung, dass man mit den Bewerbern auch wertschätzend umgeht. Diese Anerkennung des Amtes und die Wertschätzung der Personen habe ich heute leider vermisst“, urteilt Lutz Müller.
Ein solches Abstimmungsverhalten habe er nicht erwartet. „Wenn Ratsmitglieder mit den Personen nicht einverstanden gewesen wären, dann hätte es bis zur heutigen Wahl genug Raum und Zeit gegeben, dieses zu kommunizieren“, unterstreicht er.


Der FWG-Fraktionsvorsitzende Peter Kaup gab am Abend gegenüber der Redaktion offen zu: „Da es ein einheitlicher Wahlvorschlag durch alle Fraktionen gab, waren die Nein Stimmen eine große Überraschung.“ Auch Kaup möchte nicht spekulieren, wer mit wem noch ein Hühnchen zu rupfen hatte. Das müssten die anderen Fraktionen im eigenen Bereich klären. „Ansonsten kann ich nur sagen, das ist auch Demokratie, wenn bei einer geheimen Abstimmung auf einmal anders abgestimmt wird“, stellt er fest.


Diese Einschätzung teilt auch der FDP/Aufbruch C-Fraktionsvorsitzende Roger Ritter: „So ist Demokratie, bei geheimen Abstimmungen zeigt sich der tatsächliche Wille. Aber sie sind immer noch mit großer Mehrheit gewählt. Ich sage herzlichen Glückwunsch den Gewählten.“


Gottfried Dennebier nahm den Abend nach außen hin gelassen.
„Ich bin heute zum stellvertretenden Bürgermeister gewählt worden und das Wahlergebnis ist durch eine demokratische Wahl entstanden. Als erster stellvertretender Bürgermeister zusammen mit der zweiten stellvertretenden Bürgermeisterin Katrin Freiberger und dem Bürgermeister Thomas Katzer, werde ich mich ehrenamtlich zum Wohl der Gemeinde Augustdorf einbringen“, unterstreicht Dennebier.


Ermutigende Worte fand Bürgermeister Thomas Katzer, nachdem er beiden gratuliert und die Augustdorfer Chronik überreicht hatte. „Ich bin froh, zwei so tolle Stellvertreter zu haben, und freue mich auf die Zusammenarbeit“, erklärte er im Anschluss der Wahl.

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2 Gedanken zu „Stellvertreterwahl mit Hindernissen“
  1. Guten Morgen zusammen,
    wieder geht es nur um Personen! Aber nicht um die Sache!
    Ein weiteres Kapitel Schilda? Ja und noch viel mehr!, Dieses Abstimmungsverhalten erscheint als Ausdruck tiefer Unzufriedenheit und Unstimmigkeiten. Offenbar gibt es Ratsmitglieder, die in ihren Fraktionen NICHT ihre Meinung sagen, dann jedoch die „geheime“ Abstimmung nutzen, um ihrer Unzufriedenheit Ausdruck zu verleihen! Und das bei der Wahl zweier Stellvertreter für das Amt des BM in einem Dorf?!
    Glückwunsch an die beiden Gewählten. Hoffentlich ist diese Posse bald vergessen.
    Dem gesamten Rat empfehle ich dringend einen Wochenend-Workshop der „Braver Angels“, bis vor kurzem bekannt als „Better Angels“.
    Dieser Verein ist in den USA ins Leben gerufen worden, um Abgeordnete der dortig verfeindeten Parteien zu schulen, besser miteinander umzugehen! Kommunikationstraining der besonderen Art! Dabei geht es nicht darum, seine Meinung besser formulieren zu können um sich durchzusetzen, sondern um Zuhören, Gefühle und Meinungen des anderen aufnehmen und aktiv verwenden! Einfache Regeln, die im emotionsgeladenen Gegeneinander leider unbeachtet bleiben! Wir alle kennen es aus einem häuslichen Streit. Das Paar wird, wenn die Gefühle beider wieder Richtung normal wandern, einen Weg finden wieder zueinander zu kommen. Wahrhaftigkeit und Ernsthaftigkeit spielen eine große Rolle. Aufeinander zugehen!
    Jedoch erleben wir nach wie vor ein Grundübel: Es wird viel zu viel ÜBER diejenigen gesprochen, die hier viel Arbeit und Herzblut einsetzen, anstatt MIT ihnen zu reden.
    Ein gemeinsam verbrachtes Wochenende des Rates würde für diesem Ort sehr hilfreich sein! Ich bin fest davon überzeugt, dass vom Grundsatz her alle Ratsmitglieder des Beste für den Ort wollen! Es gab ja bereits Bestrebungen anderer, den Rat zusammenzubringen! Leider sind die Aktionen ergebnislos verpufft.
    Und nochmal: Es geht nicht um unterschiedliche Auffassungen! Es geht um eine fruchtbare Auseinandersetzung von Argumenten. Diese sind offenbar vor der gestrigen Wahl nicht ausgetauscht worden.
    Da sich offenbar nach der Kommunalwahl nicht viel geändert hat, bleibt für den Bürgermeister viel zu tun!!!
    Ich wünsche deswegen Herrn Katzer alles Gute und eine glückliche Hand (ja, in diesem Ort braucht man in der Politik wohl auch die Dame Fortuna!). Ein funktionstüchtiger und aufgeschlossener Rat sieht jedenfalls anders aus!
    „Einziger Tagesordnungspunkt“?! Was kostet das eigentlich? Wegen der Wahl zweier Stellvertreter?! Anstatt endlich die Themen zu beraten, die wichtig sind (Klärschlamm, Verkehr, Schulsanierung, ……diese Liste ist womöglich endlos, kommt man unter enormen Aufwand wegen eines einzigen Tagesordnungspunktes zusammen?
    Hier wird dem Bürger doch arg viel zugemutet! Nicht dass man hier eine Geldverschwendung unterstellen könnte (!), Nein, dann findet auch noch eine skandalöse Wahl der Unehrlichkeit statt!
    Liebe Ratsmitglieder: So nicht! Das geht gar nicht mehr!!!!
    Ich werde bis zur nächsten Wahl immer wieder darauf hinweisen, dass die gewählten Parteien unseres Rates zum Teil nicht einmal 20 Aktive zusammenbekommen aber dafür ziemlich negativ präsent sind! 100 Tage sind rum, ab sofort gelten keine Ausreden mehr!
    Schönes Wochenende
    JB

  2. Dem Leserbrief von Joachim Barz ist eigentlich nicht mehr viel hinzuzufügen.
    Auch mir fehlen die Worte angesichts dieses Affronts gegen die beiden Stellvertreter!
    In einer Demokratie, in der wir Gott sei Dank im Gegensatz zu vielen anderen Staaten auf dieser Welt leben, sollte man kritisch sein, darf eine andere Meinung haben und diese auch zum Ausdruck bringen. Das ist auch gut so! Aber ich finde, zu dieser anderen Meinung sollte man dann auch stehen, sie öffentlich vertreten und sich nicht feige hinter einer geheimen Wahl verstecken!
    Es gab einen einheitlichen Wahlvorschlag aller Fraktionen, der bestimmt auch in diesen Gremien zuvor besprochen wurde. Üblicherweise wird innerhalb der Fraktion kommuniziert, wenn man anderer Meinung ist. Angesichts der unisono völlig überraschten Fraktionsvorsitzenden hat eine solche Kommunikation wohl nicht stattgefunden.
    Warum haben sich diejenigen, die gestern urplötzlich gegen den einheitlichen Wahlvorschlag gestimmt haben, nicht vorher zu Wort gemeldet? Vermutlich, weil diesen Ratsmitgliedern sachliche Argumente fehlten und persönliche Animositäten im Vordergrund standen. Diese Ratsmitglieder haben offensichtlich nicht erkannt, dass sie dem Wohle der Gemeinde dienen sollen. Hoffen wir, dass sich hier in Zukunft einiges im Rat verbessert und endlich die konstruktive Zusammenarbeit Einzug hält.

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